Dein Ort im Herzen ist das ganze Herz,
Denn Deinen Platz rührt nichts Geschaffenes an…
Ich sah meinen Herrn mit des Herzen Auge
Und sagte: „ Wer bist Du?“ Er sagte: „Du“
Das Wo hat für Dich nicht Wo noch Stelle,
Im Hinblick auf Dich trifft das Wo nicht zu,
Die Vorstellung hat von Dir keine Bilder,
So dass sie erkennete: Wo bist Du? …
Gibt es ein Ich und ein Du?
Das wären bereits zwei Götter!
Es gibt nur ein Selbst, Deines, auf ewig
Im Herzen meiner Nichtigkeit.
Wo außerhalb meiner ist denn Dein Sein,
Dass ich Dich schauen möge, wie Du bist?
Ah! Schon löst mein Sein sich auf in Deinem Licht,
Es hat nicht länger irgendeinen Platz.
Wo also finde ich Dein Angesicht,
Du meiner Sehnsucht zweifaches Ziel?
In meinem Herzen vorgestellt –
Oder vorgestellt in meinem Auge? …
Al-Hallaj, Muqatta’at 35, 10, 55 aus Henri Le Saux- Wege der Glückseligkeit
Von dualistischen Westlern und nondualistischen Östlern
Das Gedicht beschreibt schön das paradoxe Problem, welches Auftritt, wenn man Gott a.k.a. das wahre Selbst direkt sehen will, ohne ihn erkennen zu können. Gott ist natürlich nicht einfach mit den Augen zu sehen; es erfordert das geistige Erkenntnisorgan, um ihn direkt zu erfahren. Ich muss (unbewusst) einen gewaltigen Trick mit meiner Zauberkraft verrichten, wenn ich Gott unerleuchtet im Außen sehen will. Die christlichen Propheten haben das allesamt geschafft, die Nondualisten (Advaitis) im Osten finden ihn mit geschlossenen Augen im Inneren.
Eine Sicht aus der Einheit schmieden
Gott ist direkt zu erkennen, wenn sich mein separiertes Selbst auflöst und mit dem nondualen Du verschmilzt: „Das was ich suche, ist das was sucht!“ Mit der praktischen Überwindung der Trennung des Ichs vom Du, verschwindet gleichzeitig auch die übliche Wahrnehmung einer raumzeitlichen Trennung. Das wahre Selbst (Gott) befindet sich permanent in einem Zustand außerhalb der raumzeitlichen Dimension im dauerhaften Hier-und-Immerjetzt. Für den rationalen Verstand eines abgetrennten Selbst klingt das wie Kauderwelsch, wie Worte ohne Inhalt; für das erwachende wahre Selbst können sie Hinweise geben auf den Zustand und Ort, der für Sprache so schwer zugänglich ist. Wer mit dem Herzen sehen lernt, kann Gott und damit sich selbst erkennen. Aus der vom Auge isolierten, abgetrennten oder verschiedenen Vorstellung des Herzens müssen wir eine einheitliche Sicht schmieden. Das Auge muss durch den inneren Erkenntnisprozess hellsichtig werden für die vom Herzen erkannten Signaturen. Schaue ich mit kalten Augen in die Welt, werde ich weder Gott noch mich finden, erst wenn er, die wahre Instanz im Inneren, durch die Augen in die Welt schaut, wird das Offensichtliche sicht- und spürbar. Die Gotteserfahrung oder Erleuchtung greift tief in das Herz des Menschen ein und krempelt alles was vorher verdreht war wieder richtig rum.
Ich sehe nichts, was Du nicht siehst
Solange Gott als ein Anderer als mein Selbst im Außen gesucht oder wahrgenommen wird, verbleibt mein Wahrnehmungsapparat im Modus der Spaltung. Meine kreative Schöpferkraft macht mir das Unmögliche möglich: Ich mache aus einem unteilbaren Ganzen viele kleine Einzelteile und schaffe es, mir die falsche Hypothese zu beweisen, die Welt und Gott als von mir abgetrennt zu erleben. Die Spaltung ist so tief in unserem kollektiven westlichen Bewusstsein verankert, dass sie kaum zu erkennen, geschweige denn zu unterlassen ist, also nicht anzuwenden ist. Viele schaffen es, sogar Gott gar nicht mehr wahrzunehmen und damit die grundlegendste Wahrheit zu verdrehen. Respekt für die Leistung dieser Zauberkraft! Chapeau!
Wie ist das, für einen kleinen Moment zu wissen, ich bin verbunden mit allem? Wie ist das, die rausgehende, suchende, erkundende Aufmerksamkeit bei sich selbst zu halten, den Suchscheinwerfer der Aufmerksamkeit umzudrehen und auf sich selbst zu richten und zu wissen: Ich bin (schon), der ich bin? Da gibt’s nichts besseres draußen zu suchen! Merkst Du die Spaltung dabei? Sie ist es, die Dir die höchste Erkenntnis erschwert, das Szenario als langweilig deklariert und Dir rät und vorschlägt, (Gott) wieder schön an der Peripherie des Bewusstseinsraums zu suchen. Sie ist es, die vom falschen Selbst motiviert wird, welches bei dieser mächtigen Übung auffliegen und „sterben“ kann.
Wie fühlt sich nackte reine Aufmerksamkeit an, reines unbeflecktes Licht im Inneren?
Sofort dockt man an die Qualitäten des wahren Selbst, sofort erwacht das Herz durch den Duft der Heimat und die Verlockung des echten Paradieses. Verweile im Heiligen und hole das Paradies aus dem nondualen kollektiven Quantenfeld durch Dich in Deinen Körper und realisiere es in der Welt! Immerjetzt und Überallnirgends: Now-here oder no-where!
Eine hartnäckige Phantasie
Die wahrgenommene Trennung oder Abspaltung ist nur eine hartnäckige Phantasie, ein Resultat meines falschen Ichs, welches wahrnimmt. Solange diese Instanz mit dem implantierten Glaubenssatz der Abtrennung unbewusst und unerkannt durch das Auge sieht, wird die Welt ihr ihre Hypothese bestätigen. Wenn wir unsere kreative Zauberkraft dafür benutzen, uns als separiertes Selbst zu erfahren, wird genau diese unsere Zauberkraft uns gerecht dienen und uns die Realität und unser Erleben dergestalt widerspiegeln. Es ist albern Deinen Zauberspiegel mit einer unabhängig von Dir im Außen existierenden Welt zu verwechseln. Aber wenn Du das willst, oder weiter unbewusst daran festhältst, dann wirst Du das schaffen. Wundere Dich aber dann bitte nicht über die Verzerrung in Deiner Weltsicht!
Es gibt kein unabhängig von uns existierendes Universum
Quantenphysik fand vor über 100 Jahren heraus: Es gibt kein unabhängig von uns existierendes Universum da draußen. Lass Dir das auf der Zunge zergehen, bis der süße Geschmack der Botschaft Dein Herz erreicht! Die projektiven Tendenzen des Geistes und der fortwährende Glaube an ein abgetrenntes Selbst, verursachen das gegenwärtige Chaos in uns und der Welt. Wenn Du das weiter ignorierst, dienst Du Wetiko, das Dir die Verzerrung auf die Nase binden wird, damit Du es endlich siehst!
Die Quadratur des Kreises
Warum nicht aufhören damit Gott abgetrennt vom mir im Außen zu suchen? Die Spaltung, die ich mir mit meiner kreativen Zauberkraft schaffe, lässt den Verstand festhalten an Dualität und raumzeitlich voneinander getrennten Dimensionen. Sie hält mich in einem linearen Gedankengefängnis, welches es mir erst ermöglicht, meine hartnäckige Hypothese, Grundeinstellung oder Phantasie der Abtrennung, tatsächlich auch wahrzunehmen. Dass es dann paradox und absurd wird, liegt an meiner Versuchsanordnung, die der Quadratur des Kreises ähnelt.
Einheitliche Wahrnehmung
Ich erwarte etwas mit den Augen im Außen zu sehen, was erst durch das Herz im Inneren erkannt werden muss. Verschmilzt mein Erkenntnisprozess wieder zu einer einheitlichen Wahrnehmung, fliegt die falsche Hypothese der Abtrennung, die sich wie eine self-fullfilling-prophecy zwischen Herz und Auge geschummelt hat, auf, und mit einem gewaltigen Erleuchtungserlebnis erkennt sich die wahre, einzige Instanz selbst und der Schleier fällt.
Der Nektar des Selbst ist die prickelnde Fülle der fortwährenden Leere. In der Stille erklingt die altbekannte Melodie Deiner Seele. Lausche und folge ihr heim.
Folge mir auf Telegram