Vom gerechten Kriegerkönig, dem golden Kind, der magischen Wiedervereinigung der beiden und der stürmischen Rückeroberung längst vergessener Seelenanteile
Eine entscheidende und immer wiederkehrende Frage im Transformations- und Schmiedeprozess ist vermutlich die Frage nach der bestmöglichen Transformation des vorhandenen Materials. Nicht, dass ich Alchemist wäre, oder ausschließlich, oder eine Ausbildung dazu gemacht hätte, einen Schein hätte, der mir nun erlaubte, mich als solchen bezeichnen zu dürfen.
Es ist die Frage, die ich mir im alltäglichen Leben ständig stelle: Was mache ich nun damit?
Wie re-agiere ich da drauf? Welche Kraft meinerseits benötigt der Prozess, um ihn gemäß meinen Wünschen und Vorstellungen weiter zu prozessieren oder zu vollenden? Und wo ist es notwendig hellwach zu sein, wenn z.B. jemand sein unbewusstes Trauma-Material an einen Projektionshaken in meinem Unbewussten hängen will oder ich gerade projiziere und damit Innenwelt unbewusst mit Außenwelt vermische. Das ist enorm wichtig, wenn ich nicht immer Traumakarussell oder Geisterbahn fahren will!
Ich muss mich immer fragen, welches Element ist vielleicht jetzt gefragt. Muss ich Stahl oder Eisen hinzufügen um zu stärken, oder Wasser, um den Prozess erst mal abzukühlen, vielleicht doch noch mehr Feuer, et cetera pp?
Verwandt ist auch die altbekannte Frage: Muss ich es akzeptieren, inwieweit muss ich es akzeptieren oder kann ich es verändern und inwieweit kann ich es verändern? Ist es überhaupt meins, ist auch gerade in Anbetracht der projektiven Tendenz des Geistes und der transgenerationalen Übertragungen wichtig zu entscheiden. Was ist überhaupt meins, wenn ich nackt komme so auch diesen Ort wieder verlasse? Ebenso eng verbunden, wenn nicht verschlungen damit, ist die Frage des relevanten Ichs, welches den Prozess betreibt. Wer ist Ich und wonach strebt es?
“Alles ist ganz einfach, wie Sri Ramana allen, die auf ihn hörten, immer wieder in Erinnerung rief. Es gibt nichts, wonach man Streben müsste, nichts was man noch nicht hätte und Erlangen müsste. Wer, fragte er, strebt danach, was zu erlangen? Es genügt, sich bewusst zu werden, was man ist. Alles andere kommt dann von selbst, alle Probleme des Lebens, seien sie spekulativ oder praktisch zeigen sich dann eo ipso als gelöst. Der Weise leugnet diese Probleme nicht, noch weicht er ihnen durch Vergessen oder Gleichgültigkeit aus; aber sie werden immer wieder auftauchen so lange das grundlegende Problem nicht gelöst ist. Diesen grundlegenden Problem muss man sich zuwenden, denn es enthält alle anderen in sich und beherrscht das Schicksal des Menschen.”
Henri Le Saux: Wege der Glückseligkeit – Begegnung indischer und christlicher Mystik
Ist der Alchemist nicht jener, der sich mit den Energie im Inneren auskennt und schon viel Erfahrung mit den Prozessen gemacht hat? Hat er nicht einen höheren, einen absoluten Blick auf die Geschehnisse. Ist er nicht außerhalb des Kessels, während die anderen Ichs im Kessel schmoren? Hat er nicht eine königliche Postition im System?
Traum(a)arbeit
In der Kriegerschmiede, die synonym die kleine Arbeit beschreibt, ist es sehr wichtig und entscheidend die Energie aus der abgekapselten Traumamasse zu bergen und die Verbindung mit dem großen Ganzen, z.B. über das goldene (Christus-)Kind, wiederherzustellen. Dieser Prozess ist auch der Prozess der Selbstfindung, der Wiedervereinigung abgespaltener Seelenanteile und der Desidentifizierung vom Trauma-Ich und vom separierten Selbst.
Ist der Wert des goldenen Kindes, des eigenen Wesens erkannt, wird kein Angriff auf dieses wahre Selbst mehr von uns toleriert, geführt, gefördert oder sonst wie unterstützt. Der Feind braucht uns für diesen schmierigen Feldzug. Er benutzt uns, damit wir den Wert in seinem Interesse erniedrigen. Die Würde und der Wert des Menschen ist unantastbar – natural law! Verständlich, dass das Böse sich einiges einfallen lassen muss, damit es unseren Wert doch durch uns angreifen und erniedrigen kann. Die Wahrheit ist immer einfach, erst die Verdrehung des Bösen macht es kompliziert. Es ist die Natur des Bösen künstlich komplexe Ideen zu kreieren, um damit die einfache Wahrheit zu verschleiern. „Die Wahrheit ist einfach. Der Wahrnehmende ist kompliziert!“ Mooji
„Wer die Freiheit verstehen will, muss den Wert eines Menschen verstehen. Alles, was das Böse will, ist, deinen Wert zu verschleiern und zu zerstören. Alle Autorität wird von bösen Menschen geschaffen, um Deinen Wert zu verschleiern. Deinen eigenen Wert zu verstehen, bedeutet, die Natur der Freiheit zu verstehen.“
Jeremy Locke – The end of all evil
Das Einfallstor der frühkindlichen Bindungsstörung
Das Böse nutzt das Einfallstor der frühkindlichen Bindungsstörung, in der das Kind notgedrungen, aber folgerichtig, den eigenen Wert begann anzuzweifeln. Es erfuhr Liebesmangel und fühlte sich zurecht ungerecht behandelt und konnte das Nichtgeliebtwerden, also die Ablehnung, nicht verstehen. In seinem kleinen natürlichen Glaubenssystem stand geschrieben: „Ich bin das Kind. Mama und Papa sind die Erwachsenen. Die Erwachsenen müssen das Kind lieben und ehren und müssen sehr darauf achten, dass der Selbstwert bei all der Erziehung niemals gefährdet wird.“
Die Errichtung des mentalen Gefängnisses
Erlebt das Kind aber Missbrauch, körperliche oder emotionale Gewalt, Ablehnung und Trennung, gerät es durch sein gesundes Glaubenssystem in einen fürchterlichen Konflikt. Es weiß, es selbst ist das schutzbedürftige Kind. Es weiß, die Erwachsenen sind die Großen, die sein Überleben sichern und die allmächtig und allwissend erscheinen. Wie kann es also dann erklärbar sein, dass seine ihn liebenden Schutzbefohlenen, seine Eltern und Erzieher, ihm Gewalt antun? Wie kann es sein, dass die Menschen, mit denen es sich verbunden fühlt, ihm Gewalt antun? An dieser sensiblen Stelle im Prozess findet es keine Lösung. Also rutscht die Frage eine Etage tiefer und lautet dann: Was mache ich falsch, dass ich bestraft werde? Was verstehe ich nicht, damit die Strafe endlich aufhört? Ist das (der Missbrauch) vielleicht die Liebe, die ich verdiene?
Das Denken beginnt hier schon zu kreiseln und baut echte physische neuronale Schleifen in denen sich ein ungelöster Konflikt dreht. Ungelöst wird er zu einem autonomen Prozess, den man auch als Dämon bezeichnet. Die Energie wird unkontrollierbar und spaltet sich ab. Wetiko riecht Blut und springt drauf.
Im seinem kleinen Köpfchen taucht Wetiko auf, das die autonome dämonische Energie besetzt oder benutzt und stellt mit funkelnden Augen die subtile Frage:“ Vielleicht stimmt ja was mit dir nicht, was Wesentliches, oder?“
Die Wucht der Suggestion des Bösen
Die Frage hat damit eine tiefe Ebene des Bewusstseins erreicht. Der zerstörerische Impact der Frage, die Wucht der Suggestion des Bösen, durchdringt die goldene Aura des schützenden Kerns. Der eigene Wert wird nicht nur in Frage gestellt, sondern angezweifelt. Wie ein Bohrer, dringt der Zwei-fel in die Ein-heit und spaltet diese. So bekommen die feindlichen Kräfte Zugang zum Kern, zum Treibstoff, zur Aufmerksamkeit. So werden energetische Bindungen und symbolische Absaugschläuche implantiert und der Kern über das Werteportal überrumpelt und vom Feind eingenommen. Im Mittelalter hätte man davon gesprochen ein Haupt-Tor zur feindlichen Festung unter eigene Kontrolle gebracht zu haben. Im zweiten Weltkrieg sprach man von Brückenköpfen (z.B. über den Rhein), die auf gegnerischer Seite unter Kontrolle gebracht wurden. Der Feind hatte damit einen festen Zugang zur Landmasse des Gegners. Wir sprechen hier von Anteilen der seelischen Landschaft oder der Psyche. In Traumzeitreisen benutze ich bei der Wiedereroberung eben dieser Landmassen das archetypische Bild einer Festung oder eines königlichen Schlosses, in dem der König auf dem Thron sitzen sollte mit seinem göttlichen Kern, dem Kind, in seinem Herzraum vereint. Ist diese Instanz (in der kleinen Arbeit) wieder verschmolzen, haben wir die funktionierende Kriegereinheit geschmiedet, die die Rückeroberung des Königreichs führt und den Despoten aus dem heiligen Land vertreiben kann und muss. Das ist die Pflicht des von Gott installierten Königs. Er muss natural law vertreten.
Der suggerierte und infiltrierte IST-Zustand
Zurück zum Trauma: Auf der seelischen Landschaft bleibt das Bild, das man sich selbst im letzten Loch eingesperrt fühlt, während der Feind das ganze Königreich eingenommen, verlodert und geplündert hat. Der gute König, Herrscher über eine Arme aus wahrhaften Kriegern, ist nicht da! So oder so ähnlich repräsentiert sich die traumatische Folge der (V)Erziehung energetisch oder symbolisch dem (unbewussten) Betrachter. Der Zugang zu sich selbst ist verwehrt, der Wert gemindert und das Kind hilflos und verwahrlost in einem Kerker eingesperrt. Die Erwachsenen, die die Kräfte potentiell haben, kümmern sich nicht und sind abwesend. Sie schlafen!
In dieser energetische Konstellation sperrt uns der Feind in energetische Gefängnisse. Sie sind gewoben aus den unverdauten Brocken unser traumatischen Vergangenheit. Das Kind ist mental-emotional an entscheidenden neuronalen Weichen falsch abgebogen und ist dem Täter in die Falle gegangen. In energetische Ketten gelegt, gefesselt von den eigenen Glaubenssätzen, die vom Bösen geschickt in das unschuldige, naive und liebende Kinderhirn geschleust wurden, ist das Kind nun in der Macht des Bösen.
“Er hat sie mit ihrer Liebe getötet. So passiert es jeden Tag… auf der ganzen Welt!” John Coffee
Es gibt hier einen sehr schönen Mechanismus in der Befreiung, der sehr oft funktioniert. Das Thema wurde auch in „The green mile“ herausgearbeitet:
Das Böse kommt und versucht unsere liebenden Kinder zu verführen, wenn wir es zulassen oder nicht aufpassen. Es attackiert das unschuldige Leben, welches naiv und gutmütig auf die schleimige Beratung des Bösen reinfällt. Da kommt ein schmieriger Gedanke: „Mit Dir stimmt was nicht!“ und das naive Kind nimmt ihn gern, denn es erkennt darin das logische einzig richtige Potential. Derartige Boshaftigkeit ist ihm unbekannt. Es ist eine Erklärung für den Konflikt, der sein richtig geprägtes Glaubenssystem auf natural law ausgerichtet, gar nicht zugelassen hat. Dort stand ja: „Der Wert des Wesens ist unantastbar.“ Wir sehen also in diesem Trick des Tricksters die wahre Bosheit durchschimmern und können, sofern noch ein wenig Würde, Wert und Liebe in uns vorhanden ist, an diesem Punkt unsere Reconquista, unsere Rückeroberung des heiligen Landes (der Psyche) aufbauen. Wir können diese offensichtliche Gemeinheit unserem verletzlichsten Anteil gegenüber nutzen, um über die gerechte Wut das Portal mit aller notwendigen Strenge und Härte anzugreifen und im Sturm zu nehmen. Wir können dem Bösen das Kind aus den Händen reißen und ihm das entsprechende Natural Law unter die Nase halten: „Der Wert des Wesens ist unantastbar. Du darfst nicht herrschen über ein anderes Wesen. Du darfst nicht eindringen in fremdes Eigentum. Du darfst nicht nehmen fremden Eigentum oder Wert…
Es ist schließlich Dein Kind, Deine Psyche, Deine Macht und Deine Aufmerksamkeit, die zuletzt alle diese Konstellationen „erträumt“ oder ermöglicht.
„Nobody fucks with the Jesus“ Jesus in The Big Lebowski
Wie ein magisches Schwert können wir mit diesen in Stein gemeißelten Wahrheiten dem Feind „die Augen ausbrennen.“ Er weiß es: Wir sind im Recht, er im Unrecht. Er kann unserem Blick nicht standhalten, wenn aus unseren Augen und unserem spirituellen Herzen die wütende Wahrheit strömt und wir endlich bereit sind dafür einzustehen, sie vertreten und auszuüben. Wir sind auf der Seite von Natural Law, das heißt wir haben die stärkste Kraft des Universums in unserem Rücken und unseren Muskeln. Die Wahrheit verbrennt die Lüge. Von der Wahrheit geblendet, vom Licht beleuchtet, zeigt sich die Natur des Vampirs. Wetiko wird deutlich sichtbar. Endlich erwacht der König oder der Krieger (der geheilte Erwachsene) und beginnt wieder zu handeln. Die Wut darüber, dass das Böse es über die Liebe des göttlichen Kindes in sein System geschafft hat, lässt selbst das traumatisierteste Herz wieder schlagen und belebt so den Archetyp des gottgerechten Kriegerkönigs und verwundeten Heilers.
Wie wir aus jedem Märchen kennen, ist dies die Kraft, die den Despoten vom Thron vertreibt und schließlich aus dem Königreich jagt. Der Kriegerkönig braucht das goldenen Kind in seinem Herzen und das goldene Kind braucht den Kriegerkönig als schützende Kraft und Gefäß für seine kreative Energie, als erwachsene handlungsfähige Instanz in der Welt, als Vertreter und ausführende Instanz von Natural Law, der göttlichen Gesetzte, die vom zarten Kinderherz empfangen werden. Diese Wiederverschmelzung beschreibt symbolisch die kleine Arbeit und bringt einen unantastbaren und leidensfähigen Krieger in die Welt, der stets verbunden mit seinem Herzen für Wahrheit und natural law in seinem Königreich (seinem Handlungsspielraum/Leben) einsteht. Wir haben den Spieß umgedreht und das natürliche richtige Kräfteverhältnis wiederhergestellt.